Sie ist wieder da, die Zeit der Infekte, Hustenattacken und Schniefnasen. Nicht nur, dass die Kinder sich auf dem Weg immer wieder schöne Dinge einfangen, nein, auch die Erwachsenen dürfen dran glauben. Und so hat es auch mich erwischt, ein bißchen bin ich an einer Lungenentzündung vorbei geschlittert, aber hey, nur ein bißchen. Das ich heute in die Tasten hauen kann, verdanke ich meiner Ärztin, Antibiotika, viel Tee und ein paar Tagen Ruhe von allem.
Mein Bedürfnis einfach mal zu schreiben hat sich ja in den letzten Monaten nicht wirklich entfalten können - Alltag, Arbeit, Familienleben. Ist einfach so und Punkt.
Heute morgen aber, da kam die Inspiration, beim Warten vor der Praxis meiner Ärztin. Ich stehe da also, eine halbe Stunde vor Öffnung - typisch deutsch, ja ich weiß, aber so erspare ich mir stundenlanges Warten in einem verseuchten vollem Wartezimmer - und meine fünf MitwarterInnen starren alle ausnahmslos in ihre Handys. Ich stehe da und beobachte und denke mir so, wie schade, dass man sich heutzutage kaum noch ansieht, weil man immer nach unten schaut. Und dann rollen sie weiter, die Gedanken - was wäre aus mir geworden, wenn ich vor ca. neun Jahren in der Berliner S-Bahn genauso nach unten geschaut hätte, auf meinem Weg zum Flughafen, um mein Flugzeug nach Lissabon zu bekommen.
Ich hätte Claudia aus Leipzig nicht gesehen und wir hätten uns nicht sympathisch finden und anlächeln können.
Später hätte ich sie nicht am Flughafen wieder getroffen und wäre nicht mir ihr ins Gespräch gekommen. Ich hätte nicht erfahren, dass sie auf dem gleichen Weg ist wie ich. Dann hätten wir uns nicht auf ein paar Cocktails und Kaffees in Lissabon getroffen und ich hätte ihren portugiesischen Freund nicht kennengelernt, der dann auch mein Freund wurde. Einige Jahre später hätte ich nicht in der WG des portugiesischen Freundes Urlaub gemacht und Erik kennengelernt. Erik und ich hätten uns nicht ineinander verliebt und so wären mir Indien, Brasilien, der beste Mann der Welt und zwei tolle Kinder entgangen.
Hätte, wäre, könnte - nicht meine favorisierten Wörter, aber in diesen Gedankengängen machen sie bewusst, wieviel Leben und Möglichkeiten man ausschließen kann mit dem Blick nach unten ins immer während verfügbare Handy.
Ich möchte nicht die moralische Keule schwingen, nur ein bißchen aufmerksam machen auf das, was das Leben so zu bieten hat durch einen Blick, durch den Kontakt mit und zu unserer Umwelt.
Wie wäre alles gekommen, hätte ich vor neun Jahren nicht aufgeblickt und diese sympathische Frau getroffen?!
Also, hoch geschaut und ins Leben geguckt!
Eure Antje
Und weil Lissabon immer einen Blick wert ist, gibt es heute einfach eine fotografische Prise davon aus meiner digitalen Schatzkiste. Viel Spaß!
Alle Fotografien können auch in unterschiedlichen Druckvarianten direkt bei mir bestellt werden. Einfach anfragen und die gewünschte Größe mitteilen, ich mache dann gern ein Angebot.